Die elf alten Ramser Geschlechter (HR 216-222) |
Nach Karl Schib ist ums Jahr 1290 noch kein einziges heutiges Ramser Geschlecht erwähnt, zwischen 1330 und 1630 hingegen schon alle elf! Der Anteil der elf alten Geschlechter betrug am Total der Gemeinde: 1650 = 75%; 1808 = 87 %, 1995 = 47 %
Jahr/Name | 1650 | 1808 | 1995 | Bemerkungen |
Brütsch | 7 | 19 | 17 | reformiert |
Geier/Geyer | 7 | 7 | 9 | reformiert |
Gnädinger | 5 | 9 | 37 | katholisch |
Graf | 5 | 5 | 7 | reformiert |
Huber | 3 | 5 | 4 | reformiert |
Hug | 1 | 9 | 8 | reformiert |
Neidhart | 8 | 5 | 47 | katholisch |
Ruh | 5 | 4 | 13 | katholisch |
Sätteli | 0 | 1 | 12 | katholisch Im Rechenschaftsbericht von Pfarrer Gymperlin 1628 steht zwar ein M. Settelin. |
Schmid | 2 | 11 | 16 | katholisch |
Schneider | 1 | 2 | 13 | reformiert |
andere | 15 | 12 | 209 |
Brütsch (prütsch, brütsch, Prütsch, Prusch, Pritsch, Britsch (1696), die Brütschen
Brütsch war ein häufig vorkommendes Bauerngeschlecht Ende des 14. Jahrhunderts im Hegau. In Buch wird schon 1419 ein Hans Ulrich Prütsch losgekauft. In Ramsen erscheint 1434 ein Prütsch. Die Brütsch sind auch auf den Höfen anzutreffen, so 1467 in Wiesholz, 1539 in Bibern. Um 1550 war ein Klaus Brütsch Vogt in Ramsen - schon sein Vater bekleidete dieses Amt. Im Jahre 1618 wurden Jakob und Hans Rudolf Brütsch als Richter und Urteilssprecher aufgeführt. Als Gemeindepräsident amtete von 1831-1852 ein Veith Brütsch, Seifensieder.
Der aus dem mittelhochdeutschen gîr=Geier (Vogel) entstandene Name erscheint
noch in alter Form früh schon in Uster, Guntalingen (Girsberg) und Winterthur
(der Gir von Stamhein 1252). Sehr häufig ist Geier im Erzgebirge im Osten
Deutschlands anzutreffen, einem seiner Bodenschätze wegen schon in der
Frühzeit dicht besiedelten Gebiet. Dass der nützliche, Aas fressende
Greifvogel im Erzgebirge eher vorkommt als im "Züribiet", ist fast
sicher anzunehmen.
Über die beiden Schreibarten Geier und Geyer fällte der Zufall einen wahrhaft
salomonischen Entscheid: Der ersterwähnte G. mit Vornamen Michael erscheint
1618 in der Liste der Richter und Urteilssprecher (Gemeinderat) als
Michael Geyer, im Rechenschaftsbericht von Pfarrer Gemperlin aber als Michael
Geier. Da jede Liste nur einen G. erwähnt und erst noch mit gleichem Vornamen,
so muss es sich also um ein und denselben G. handeln! Die Geier/Geyer finden
sich nie auf den Höfen. Am 1. Mai 1800 wurden dem Simon Geyer, Schuster,
anlässlich der Plünderung durch französische Soldaten 67 Paar neue Schuhe
gestohlen, Wert 149 Gulden (1 Pferd kostete 70 Gulden, eine Kuh 40 Gulden).
1855-1876 war Jakob Geyer, Zoll, Gemeindepräsident. 1899-1948 war Wilhelm Geier
Gemeindeschreiber.
Gnädinger (Gneding, Gnedinger, Gnedingerin, Gnäding, Gnädinger)
Die Gnädinger, mit den Neidhart heute das stärkste Geschlecht in Ramsen, sind wie diese aus dem Nordosten zugezogen. Jedenfalls wurde der erste 1572 als "Gneding, das neue Bürli in Ramsen" liebevoll empfangen!
Links: Gnädinger
Graf (Graaf, Grauff, Grâff, die Graafen)
Die Graf sind schon früh in der näheren und weiteren Umgebung von Ramsen als unternehmungslustige, angriffige Bürger bekannt. Schon 1525 verkauft ein Claus Graf für 20 Gulden einen Acker in Wilen an Barbara Wellenberg in Bibern. Überhaupt waren die Graf in Wilen äusserst aktiv. Die Akten über Grafsche Höfe in Wilen, über Lehensvergaben, Schuldverschreibungen und Streitsachen wegen Zinsen usw. sind zwischen 1560 und 1660 recht zahlreich. 1639 ist ein Hans Graf als Pur in Offenacker vermerkt. 1741 wird ein H.U. Graf, Trommelschläger, Opfer eines Giftmordes. Von 1740-1773 geht der Besitz der Peyer in Wilen, bisher als Lehen von Hans Graf bewirtschaftet, an die Schmid und Ruh über. Seither leben die Graf nicht mehr auf den Höfen, sondern im Dorf selbst. Ein Ehrenplatz in dieser Übersicht der Ramser Geschlechter gebührt Pfarrer Konrad Graf, gestorben 1931. Er verfasste die "Mitteilungen aus der Geschichte von Ramsen", die 1932 von Albert Hug herausgegeben wurden. Der Verkaufspreis für das recht dicke Buch (vervielfältigte Schreibmaschinenseiten) lag bei Fr. 5.-. 1805-1827 war Johannes Graf, Lehrer, Gemeindeschreiber.
Huber (huber, Huober, Hueber)
Die Huber und Schmid sind die Ersterwähnten in Ramsen, nämlich schon um 1330. Dieser Ruhm wird allerdings sofort relativiert, weil man bei dieser Nennung nicht sicher ist, ob sie sich auf die Berufsbezeichnung oder auf den Geschlechternamen bezieht. Huber hiess jeder, der auf einem Gut von 30-50 Jucharten sass. Huber sind früh schon auf den Höfen anzutreffen, nämlich 1392 in Hofenacker, 1650 als Lehensbaueren der Familie Peyer in Wiesholz und vor über 125 Jahren auf dem Karolihof. Am 1. Mai 1800 wurde dem zwölfjährigen Adam Huber im "Karolli" von einer Kanonenkugel ein Bein abgerissen. Das war beim Rheinübergang der Franzosen unter General Lecourbe in Rheinklingen; daher auch der Name Generalstand auf dem Rodenberg über Rheinklingen. 1857-1923 lebte Gottfried Huber aus Ramsen. Er war Dr. phil und Professor für Mathematik an der Universität Bern.
Hug (Haug, die Haugen)
Auch Hug ist ein altes, im Kanton Zürich und in der Region Stein am Rhein weit verbreitetes Geschlecht, auch jenseits der Grenze. In Ramsen wird der erste Hug bereits 1540 zu Steuern in Form von Vogt-Garben verpflichtet. Um 1616 wird ein Hans Hug als Lehensbauer des Klosters Reichenau vermerkt. 1853 versuchte J. Conrad Hug, zur Mühle in Ramsen, als Gemeindepräsident den Bau einer Mühle in Wilen zu verhindern. Als sie aber trotzdem gebaut und bewilligt wurde, erhielt Hug dafür die Erlaubnis, eine Sägerei samt Öli und Hanfreibe zu eröffnen. Am 1. Mai 1800 wurden dem Conrad Hug, Hohhauser (in der Brunnengasse), für 569 Gulden Vieh, Mobilien, Geld, Wein und Früchte gestohlen (Kriegsplünderung). 1827-1852 amtete J. Conrad Hug als Schreiber bis er 1852-1855 J.Conrad Hug, Mühle, Gemeindepräsident wurde. 1876-1887 war Gottlieb Hug Gemeindepräsident, anschliessend von 1887-1907 Regierungsrat.
Neidhart (Nîthart, Nidhart, Nithart, Nidthart, Nidthart, Nydhart, Neydhart, Neithart)
Die Verbreitung der aus Bayern stammenden Neidhart lässt sich über Augsburg, Ulm, Konstanz, Randegg 1394 nach Wiesholz 1483 verfolgen. Wenn 1467 die Herren von Randegg Vögte von Wiesholz wurden, darf man vermuten, dass sie den Neidhart den Weg nach Wiesholz kaum verwehrten. Neidhart finden sich auch 1489 auf dem Oberbüelhof, auf dem Schinerberg, 1554 in Hofenacker und 1639 in Wilen. Am 1. Mai 1800 wurden anlässlich der Plünderung Ramsens durch die französischen Soldaten dem Ferdinand Neidhart, Chriurg (Feldscherer), neben Nahrungsmitteln, Kleidern, Bettplunder und Möbel auch die "chirorgischen" Instrumente im Wert von 30 Gulden geraubt! Mit den drei berühmtesten Neidhart konnte leider kein verwandtschaftlicher Zusammenhang gefunden werden, nämlich mit: Neidhart von Reuental, um 1240 berühmter Minnesänger; Mathis Neidhardt, genannt Grünewald, gest. 1528, dem berühmten Maler, u.a. des Isenheimer-Altars; August Graf Neidhart von Gneisenau, gest. 1831, Generalfeldmarschall unter Blücher! Martin Neidhart von Wiesholz/Wilen hingegen war in Ramsen Gemeindepräsident von 1915-1924.
Links: Neidhart
Chronologische
Erwähnungen der Neidhart in Ramsen
Ruh (Ruch, ruhen, rauh, Ruch, Rauh, Rauch, die Rauchen, Rauchenhof in Wilen)
Die Ruh, auf einem beträchtlichen Umweg zur heutigen Form des Namens gekommen, sind ein häufig vorkommendes Geschlecht diesseits und jenseits der Landesgrenze, sowohl katholisch als auch reformiert. Den Reigen der Aktenerwähnung eröffnet 1351 in Ruch Claus der Ruche, gefolgt von zwei Klosterfrauen von St. Agnes, nämlich 1376 Katharina Ruh in Biberach wegen Urfehde und 1419 Agnes Ruh wegen Klage gegen einen säumigen Pächter. Die eigentliche Hochburg der Ruh war früher Wilen. Nach einer Absenz um 1700 wurden sie von Hofenacker her neu in Wilen sesshaft. In den Jahren 1740-1773 ging der grosse Peyer-Besitz, bestehend aus verschiedenen Lehensgütern in Wilen, an die Brüder Magnus und Jakob Schmid und an Dionysius Ruh (genannt Donisi) von Hofenacker über. Dieser Dionys Ruh ist der Begründer des heutigen Wiler Ruh-Hofes. Am 1. Mai 1800 wurden dem Xaverius Rauch von Hofenacker (Sohn des Dionys) von französischen Soldaten neben Vieh, Geld, Mobilien und "Chries-, Kupfer, und Ziehengeschirr" auch für 18 Gulden alle Immen gestohlen. die versteckten Mädchen fanden sie aber nicht! 1853/54 wurde nach zweimaligen Eingaben die Bewilligung zum Bau der Mühle in Wilen erreicht. Der Erbauer Johannes Ruh verunglückte aber schon am 17. Dezember 1854 tödlich, und genau 100 Jahre später 1954 wurde die Mühle geschlossen, nachdem der letzte Besitzer Emil Ruh gestorben war. Ein Namens-Salat: Der 1854 verunglückte Johannes Ruh wurde 1801 als Joannes Rauch geboren, 1837 heiratete er als Johannes Rauh, und 1854, nach dem Unfall an der Dreschmaschine wurde er als Johannes Ruh beerdigt! Sein Sohn Theodor Ruh, Wilen, war 1887-1915 Gemeindepräsident.
Links: Ruh
Chronologische
Erwähnungen der Neidhart in Ramsen
Sätteli (Settelin, Sättelin, Sättele)
Die Sätteli werden in Ravensburg schon 1297 erwähnt, in Memmingen um 1338. Da auch in der Ostschweiz im Rheintal Sättele lebten, ist anzunehmen, dass sie aus dieser deutschen Gegend vor und hinter dem Bodensee durch in Ramsen einwanderten. Ein erster Sättili ist schon 1482 in Barzheim verbürgt. Ersterwähnung in Ramsen 1628 in Pfarrer Gemperlins Rechenschaftsbericht. Die Sätteli kamen aus dem deutschen Grenzgebiet nach Ramsen. Ganz früher waren die Sätteli ausschliesslich Hofbewohner. Kreis-Heiraten: 1817 heiratete die Sätteli-Tochter Anna Maria von Wilen nach Wiesholz, 1843 heiratete deren Tochter Maria Anna von Wiesholz nach Hofenacker, 1871 heiratete deren Tocher Gertrud von Hofenacker nach Wilen und 1956 heiratete wieder eine Sätteli-Tochter aus dem "Karolli", womit der Kreis geschlossen ist! Noch ein Namen-Salat: Die oben erstgenannte Anna Maria Sätteli wurde 1792 von Pfarrer Eble als Tochter des Johannes Sättele, Rusticus (=Bauer) ex Weyler, geboren. 1817 heiratete sie als Anna Maria Sättelin unter Pfarrer Harsch (Grabplatte an der Kirchenmauer), und 1820 wird Maria Anna geboren, Tochter der A.M., geboren Sätteli! (Pfarrer Wunderlin)
Links: Sätteli Stammbaum
Schmid (faber - lateinisch, schmid)
Für Schmid gilt dasselbe wie für Huber, die Ersterwähnung 1330 könnte eher als Berurfsbezeichnung denn als Geschlechtername aufgefasst werden. Auf die Ersterwähnung eines Schmids in Buch schon 1299 dürfte dies jedenfalls zutreffen. 1493 musste Hans Schmid mit 5 Gulden die Greth Scheffmacher in Eschenz vom Kloster Einsiedeln loskaufen, damit sie seine Schwiegertocher werden konnte! In den Jahren 1740-1773 gingen in Wilen über 200 Jucharten Land von verschiedenen Peyer-Familien aus Schaffhausen an Magnus (genannt Mangess) und Jakob Schmid, Brüder in Wilen, und an Dionysius Ruh von Hofenacker über, zuerst teilweise nur als Pacht. Die Schmid in Wilen wurden später von den Neidhart abgelöst. Am 1. Mai 1800 wurde auch ein Schmid Opfer der Kriegsplünderungen. Dem Joseph Schmid wurden für total 737 Gulden Früchte, Rindvieh, Wein, Mobilien und Bargeld gestohlen!
Links: Schmid Stammbaum
Chronologische
Erwähnungen der Schmid in Ramsen
Schneider (schnider, Schnider, Schneyder)
Früher nannte man alle, die etwas schnitten (z.B. Holz, Getreide) Schneider, Schnitzer oder Schnitter. Erst später wurde der Begriff auf "Kleidermacher" begrenzt. Die Herkunft von Geschlechtern aus Berufen lässt sich kaum herausfinden, da diese Leute oft als Einzelpersonen auf die Wanderschaft gingen und dort sesshaft wurden, wo ihre Berufsarbeit gebraucht wurde. Die Schneider, schon 1483 erwähnt, scheinen unbescholtene Leute gewesen zu sein. Über sie bestehen kaum Akten, weder Kaufverträge noch Amtseinsetzungen, auch keine Gerichtsakten! Auf den Höfen findet man ebenfalls keine Schneider. Auf die Ehre, im Flurnamen "Schnydersäcker" verewigt zu sein, müssen die Schneider leider verzichten, dieser geht nämlich auf Hanns Nidthart, Schnyder von Wiesholz, zurück. Die Geschlechternamen Scherle, Nadler und Faden sind Übernamen für einen Schneider und nicht als Spezialisierung gedacht!